2. Tag | |||
oberhalb des massiven Argentieregletschers |
Nach
einer recht unruhigen Nacht - ich hatte ja so viel über die Haute
Route gelesen -brechen wir früh auf, um die erste Gondel auf den
Aiguille de Grande Montets zu bekommen. Auf 3225m haben wir einen traumhaften
Blick auf den Mt. Blanc. Viel Zeit, diesen zu genießen, haben wir
nicht. Noch kurz der Check, ob alle LVS Geräte eingeschaltet sind
und jeder seinen Klettergurt richtig angelegt hat. Und dann geht es sofort
auf den Boards wieder bergab in das gigantische Gletscherbecken des Glacier
d'Argentiere. Mit gemischten Gefühlen. Denn vor uns baut
sich der mächtige Aufstieg zum Col de Chardonnet auf. Im unteren
Teil technisch schon recht anspruchsvoll, da der Einstieg sehr steil und
durch den wenigen Schnee in diesem Jahr sehr vereist ist. Aber die Zacken
meines Schneeschuhs bohren sich unbeirrt ins Eis. Schritt für Schritt.
Immer höher. Plötzlich höre ich hinter mir ein lautes 'Shit'.
Börge war mit seinen Schneeschuhen aus der Spur gegangen und hatte
dabei eine zugewehte Gletscherspalte nicht gesehen. Zum Glück hat
er schnell reagiert. Auf dem Rücken am Rand der Spalte liegend
baumeln seine Beine über dem Abgrund. Mit vereinten Kräften
können wir ihn von der Spalte wegziehen. Weiter geht’s. Noch
den Schreck in den Gliedern. Immer bergauf. Der Berg hatte uns ganz am
Beginn der Tour gezeigt, wer hier oben über Erfolg oder Niederlage
entscheidet... |
||
Aber
das sollte es noch nicht gewesen sein für diesen Tag. Am Col
de Chardonnet auf 3321m wartet direkt die nächste Überraschung
auf uns. Eine steile schmale Rinne ist so vereist, dass man sie nur am
Seil bewältigen kann. Alle sind still. Mit uns sind noch zwei weitere
Skigruppen gestartet, die sich jetzt hier an dieser Engstelle stauen.
Ich bin aufgeregt. Will es so schnell wie möglich hinter mir haben.
Schon geht’s los. Einer nach dem Anderen. Jetzt ich. Das Seil gleitet
durch meine Finger. Gesichert bin ich am Karabiner meines Gurtes. Langsam
macht sich ein Grinsen auf meinem Gesicht breit. Das macht ja richtig
Spaß! Unten angekommen sind alle wie entfesselt und düsen mit
ihren Boards zur nächsten vereinbarten Raststelle. Dort angekommen
fehlt einer. Smiler. Er konnte bei der Schrägfahrt
die Höhe nicht halten. Ist aus unserem Blickfeld gefahren. Joseph,
unser zweiter Guide, fährt hinter uns. Schaut, ob er Smiler findet.
Nach einer Weile kommt er endlich, Smiler im Schlepptau. Auch er hatte
eine zugewehte Spalte übersehen. Ist reingefahren.
Konnte sich gerade noch mit den Armen am Rand der Spalte abstützen.
Sein Rufen haben wir nicht gehört. Zum Glück hat er es selbst
geschafft, sich aus der Spalte zu befreien. Jetzt wissen wir es ganz sicher
- wir entscheiden nicht über Erfolg oder Niederlage - das
macht der Berg für uns. |
Börge "on the way down" |
||
Cabane du Trient |
Vor
uns liegt jetzt nur noch ein kurzer steiler Aufstieg und eine kleine Abfahrt,
bevor wir unsere erste Hütte erreichen. Der Aufstieg ist für die Skifahrer ohne Harscheisen und ausgefeilte Technik kaum zu bewältigen. Die Eisen unserer Schneeschuhe hingegen bohren sich unbeirrt in den harten Untergrund. Den Steighilfen sei Dank können wir den Aufstieg so kraftsparend wie nur möglich gestalten. Endlich sehen wir die Hütte. Die Cabane du Trient auf 3170m. Es fängt an zu schneien. Nicht schlecht. Ein bisschen mehr Schnee wird den Abfahrtsspaß erheblich erhöhen! Wir freuen uns auf unser erstes 'Höhenbier', stellen fest, dass es tatsächlich kein fließendes Wasser auf Berghütten gibt und putzen uns die Zähne mit Schnee. Im immer stärker werdenden Schneesturm wird der Gang zum Klo immer abenteuerlicher. Denn das liegt 100m von der Hütte entfernt, eine glitschige Steintreppe tiefer |
||